Individualität als Markenzeichen für Projektmanager

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22.03.2017: Kontinuität, Stetigkeit, gleichbleibende Qualität - Manche sehen in diesen Eigenschaften den Vorteil unserer heutigen Arbeitswelt. Andere sehen die Chancen in der Neu-, Andersartigkeit und Flexibilität. Kontinuität oder Innovation– was ist besser in der modernen Arbeitswelt?

Die Vorteile von Kontinuität?
Warum sollen wir ständig Neues ausprobieren? Kontinuität sichert schließlich eine entsprechende Qualität – das ist ein Vorteil für Kunden, aber auch für Lieferanten. Wiederholbarkeit ist effizient, lässt sich stetig verbessern und optimieren. Gleichförmigkeit gibt zusätzlich Stabilität und die gibt Sicherheit angesichts einer sich stetig verändernden Welt. Dem Menschen als Gewohnheitstier kommt das sehr entgegen. Doch Innovationen kommen nicht zustande, wenn man nicht den Mut aufbringt, Neues zu testen. Das ist natürlich riskant: Einzellösungen sind wenig oder gar nicht erprobt, bergen die Gefahr individueller Schwankungen und Fehler. Doch sie sind die einzige Möglichkeit, Veränderungen voranzutreiben.

Gleichförmigkeit tötet Kreativität
Kontinuität ist langweilig. Im Trott des immer Gleichen stumpfen wir ab und werden betriebsblind. Dadurch drohen wir auf die bewährten Erfolgsrezepte zu vertrauen, anstatt nach neuen Ideen zu suchen. Gleichförmigkeit tötet jede Form der Kreativität! Doch das ist nicht nur ein Problem im Berufsleben. Monotonie macht sich auch in unserem Privatleben breit. Sichtbar ist das in den Innenstädten. Überall sitzen die gleichen Modeketten und Filialisten in den Zentren und bieten dieselben Waren an. Wer das Besondere sucht, muss sich da schon ganz gezielt auf die Suche machen.

Nur Neu ist auch nicht gut
Auf der anderen Seite ist Änderung nur um der Änderung Willen nicht sinnvoll. Das Innovationstempo, gerade in der Technologiebranche, ist schon angsterregend: Immer neue (End-)Geräte, Umstrukturierungen und Updates nehmen scheinbar kein Ende. Fast erweckt es den Anschein, als komme das Neue nur auf den Markt, um sich vom bisherigen Produkt abzuheben. Dieses ständige Wettrennen der Veränderung ist sehr anstrengend und lenkt die Konzentration vom Wesentlichen ab. Den goldenen Mittelweg zwischen Neuerung und Kontinuität zu finden ist hier nicht einfach - auch im Bereich PM-Zertifizierung.

Zertifizierung im Projekt bescheinigt „nur“ Normenkonformität
Zertifizierung bedeutet, dass die Normenkonformität durch einen neutralen Dritten festgestellt wird. Die Projektfachverbände praktizieren das auf dem Wege, dass Prüfer und Trainer jeweils unterschiedliche Personen und Institutionen sind. Der Trainer lehrt den Kandidaten ein Wissen/Können, das in einer „Body of Knowledge“, Handbook oder Baseline beschrieben ist. Diese bilden gleichzeitig die Grundlage für die Zertifizierung. Die besagt, dass ein Projektleiter über ein normatives Wissen/Können verfügt. Sie besagt allerdings nicht, dass dieser Projektleiter zwangsläufig ein besserer Projektleiter wäre, gegenüber einem nicht-zertifizierten Projektleiter. Die Gefahr besteht darin, dass man selbst starr und unflexibel wird, wenn man versucht, einer vorgegebenen Norm zu 100 Prozent zu entsprechen. Die Realität der Arbeitswelt passt jedoch in keine Norm. Vielfalt lässt sich nicht normen. Ein zu enges Starren auf die Norm verstellt den Blick für das Besondere.

Projektmanagement zwischen Innovation und Kontinuität
Kreatives Denken, Best Practices nutzen, eigenverantwortliches Handeln, Neues wagen – all das steckt in Projekten. Dabei gilt: Wer Zukunft gestalten will, muss den Mainstream kennen und sich gleichzeitig trauen abseits davon zu denken und zu arbeiten. Unterscheiden können, wann es sinnvoll ist innovativ zu sein und wann Beständigkeit gefragt ist, zeichnet ein adäquates Projektmanagement aus. Der Begriff „emotional führen“ nach Golemann passt hier wohl am besten: Ein gelungenes Führen von Mitarbeitern erzeugt ein positives Gefühl bei ihnen. Voraussetzung dafür ist, dass der Manager sich selbst kennt und seine eigenen Gefühle kontrollieren kann, Einfühlungsvermögen besitzt und schließlich die unterschiedlichen Beziehungen managen kann. Dieser Wechsel ist der beste Führungsstil. Denn Projektmanagement in Unternehmen findet mit konkreten Regularien statt. Das verlangt die Prozesse des Unternehmens zu kennen und zugleich selbst innovativ zu sein.

Vom Normativen zum Individuellen
Individualität setzt voraus, sich von Beliebigkeit und Normativität gleichermaßen absetzen zu können. Das Einzigartige führt dazu, die eigene Individualität zu verwirklichen. Jedem Projektleiter ist bewusst, dass die wenigsten Projekte strikt nach „Schema F“ abgewickelt werden können. Oft gilt sogar - wie früher in der Schule: Das Gelernte gilt es in der Prüfung wiederzugeben, im echten Leben läuft es jedoch ganz anders ab. Hier ist oft gerade die Abweichung von der Norm die adäquate Herangehensweise. Best Practice und Normenkonformität schließen sich nicht aus.

Projektmanagement heißt Neues wagen
Auch wenn sich die Halbwertzeit des fachlichen Wissens dramatisch reduziert hat, bedeutet das nicht, dass Fachwissen nicht mehr von Bedeutung ist. Weitere Fertigkeiten gewinnen zunehmend an Gewicht. Zum Beispiel die Fähigkeit, sich in kurzer Zeit in neue Sachverhalte hineinzudenken, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden zu lernen, Widersprüche zu erkennen und vor allem Verantwortung zu übernehmen. Denn nur wer nichts tut, macht nichts falsch. Projektleiter laufen also auch immer Gefahr, falsche Entscheidungen zu treffen. Für diese möglicherweise falschen Entscheidungen dann die Verantwortung zu übernehmen und aus den Fehlern zu lernen, erhöht die Qualität späterer Entscheidungen.

Fazit
Neues Denken und Handeln braucht Initiative, Mut und Unternehmensgeist. Nur so kann ein Projekt vorangehen und erfolgreich gemeistert werden. Für die Leitung eines Projektes bedarf jeder Manager seiner eigenen individuellen Methode. Sich nur auf die gelernten Schemata zu verlassen, garantiert keinen Erfolg. Erst die eigene Handhabe und kreative Gestaltung des Projekts spiegelt die persönlichen Fähigkeiten des Projektmanagers wider.

 

Autor:

Mark Reuter
Geschäftsführer - dynamis Personalmanagement & Projektmanagement GmbH, Augsburg

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