Unnötiger Arbeitsaufwand? Regelungen zum Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz

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Das Thema Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz spielt bei vielen Projektleitern eine eher nebensächliche Rolle. Die entsprechenden Regelungen werden meist als projektfeindlich und behindernd für den Arbeitsprozess angesehen. Aber kann man als Projektleiter auch einen Nutzen aus diesen Regelungen ziehen?

Die Regelungen zum Thema Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz sind vielen Projektleitern bestenfalls eine Fußnote im Abschlussbericht wert. Wer in Projekten arbeitet, weiß: Gerade in Umsetzungsphasen muss überdurchschnittliches geleistet werden und Dinge, die in der Planung nicht beachtet worden waren, müssen jetzt ganz schnell „gefixt“ werden. „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“ - von Schutzbrillen und Arbeitszeitregelungen ist in diesem Sprichwort keine Rede. Auch in den einschlägigen PM-Schulungen spielt das Thema maximal eine Nebenrolle. Wer sich aber genauer mit dem Thema beschäftigt erkennt: Da steckt viel Potenzial für die Führungsrolle des Projektleiters drin.

Beispiel 1: Arbeitszeiten-Regelung
Die Vorschriften zur Regelung der täglichen Arbeitszeit passen häufig nicht zu den Anforderungen im Projektgeschäft. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz scheinen daher gar nicht zu vermeiden zu sein. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten einer Abweichung von den grundsätzlichen Bestimmungen, wenn man einige Dinge beachtet. Nach § 3 Satz 2 ArbZG ist zum Beispiel eine Ausdehnung auf werktäglich zehn Stunden jederzeit zulässig. Voraussetzung ist dafür, dass innerhalb eines sogenannten Ausgleichszeitraumes von sechs Monaten oder 24 Wochen ein Durchschnitt von werktäglich acht Arbeitsstunden erreicht wird. Auch in einem Tarifvertrag kann ein längerer Ausgleichszeitraum festgelegt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, auf den Ausgleich ganz zu verzichten: Voraussetzung hierfür ist aber, dass im Jahr an höchstens 60 Tagen zehn Stunden lang gearbeitet wird.

Führung durch Vorsprung an Wissen
Für den Projektleiter ergibt es also durchaus Sinn, die entsprechenden Vereinbarungen des eigenen Unternehmens zum Thema Arbeitszeiten genau zu kennen und damit auch offensiv umzugehen. Mancher Mitarbeiter hat vielleicht nur bruchstückhafte Informationen und meint, der Projektleiter agiere außerhalb der Rechtsvorschriften. Daher ist es nur zum Vorteil für den Projektleiter, wenn er die genauen Vorschriften kennt, damit er nicht den Anschein erweckt rechtswidrig zu handeln. Zum anderen kann er damit auch seinen Mitarbeitern ein klares Signal geben: Projekte werden von Menschen für Menschen gemacht. Heißt also: In meinem Projekt werden Menschen nicht verheizt.

Beispiel 2: Gesundheitsschutz
Ähnlich wie bei den Arbeitszeitbestimmungen verhält es sich mit dem Gesundheitsschutz. Der Themenkomplex umfasst als Teilbereich des Arbeitsschutzes alle Maßnahmen, die zur Verhütung von Arbeitsunfällen dienen, als auch alle präventiven Maßnahmen zur Verhinderung gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Projektmitarbeiter. Auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes sind für bestimmte schutzbedürftige Arbeitnehmergruppen sowie für besondere Arbeitsbereiche und -situationen Spezialgesetze und Verordnungen maßgeblich. Sie geben meist nur den Handlungsrahmen vor (Rahmenvorschriften), der durch betriebliche Regelungen auszufüllen ist, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen.
Für den Bereich des Gesundheitsschutzes sind es insbesondere die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV), einige berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGV) sowie der § 5 ArbSchG (Gefährdungsbeurteilung), die in betrieblichen Regelungen umzusetzen sind. Die Gesetze zum Arbeitsschutz werden meist durch Verordnungen sowie durch technische Regelungen oder Normen ergänzt, die sich auf spezifische Anwendungsbereiche beziehen.

Kennen Sie als Projektleiter die jeweiligen Verantwortlichen?
Für den Gesundheitsschutz spielt außerdem das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit eine wichtige Rolle. Hier ist die Bestellung von Betriebsärzten und Sicherheitsfachkräften geregelt – eine zentrale Anforderung im Rahmen des Arbeitsschutzes. Projektleiter sollten diese Personen im Unternehmen kennen, um auf diese bei Bedarf zugehen zu können. Und auch ein persönlicher Kontakt kann hier wichtig sein. In der Sprache des Projektmanagements sind diese Personen nämlich wichtige Stakeholder.

Umweltschutz
Unter dem Begriff Umweltschutz werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die dem Schutz der Umwelt dienen. Ziel ist die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage aller Lebewesen mit einem funktionierenden Naturhaushalt. Der Focus des Umweltschutzes liegt dabei sowohl auf einzelnen Teilbereichen der Umwelt (wie Boden, Wasser, Luft, Klima), als auch auf den Wechselwirkungen zwischen innen und außen.
Viele Projekte greifen in unsere Umwelt ein – Bauprojekte, aber auch Projekte im produzierenden Gewerbe. Teilweise bestehen hier wiederum Bezüge zu Verordnungen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes, wenn es beispielsweise um die Handhabung von Gefahrenstoffen geht.
Aber auch in der Öffentlichkeit besitzt das Thema Umweltschutz einen hohen Aufmerksamkeitsgrad. Der Schutz der eigenen Umwelt ist für viele Menschen ein wichtiges Anliegen. Entscheidungen, die die persönliche Umgebung betreffen, hinterfragen die Betroffenen in der Regel zunächst sehr kritisch. Anders ausgedrückt: Der scheinbar unsensible Umgang mit dem Thema Umweltschutz kann sich zu einem Projekthindernis ausweiten.
Gerade beim Thema Umweltschutz liegen aber persönliches Empfinden von betroffenen Stakeholdern und die rechtlichen Grundlagen manchmal weit auseinander. Hier muss der Projektleiter entsprechendes kommunikatives Geschick beweisen, um emotionale Betroffenheit und sachliche Bestimmungen miteinander zu verbinden.

Fazit:
Wer sich im Vorfeld über die rechtlichen Grundlagen zu den Themen Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz informiert, kann die Regelungen für seine Führungsposition nutzen. Wer seinen Projektmitarbeitern oder den betroffenen Stakeholdern fundiert die Regelungen darlegt, stärkt seine Rolle im Projekt. Gerade bei emotionalen Auseinandersetzungen ist jedoch neben der Fachkenntnis großes Kommunikationsgeschick gefordert. Wer die Gesetze zum Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz nicht als Einschränkungen, sondern als Spielregeln ansieht, kann sie gezielt für sein Projekt nutzen.

 

Autor:

Mark Reuter
Geschäftsführer - dynamis Personalmanagement & Projektmanagement GmbH, Augsburg

Kontakt: Mark.Reuter@dynamis-web.com