Frühling im Projektteam?

Artikel als pdf Datei herunterladen

Tulpenwiese

Die Frage, was Mitarbeiter zur Teamarbeit motiviert, wird heute zunehmend sehr individuell beantwortet. Denn was einen Mitarbeiter dazu anregt, in einem großen, globalen Projekt mitzuarbeiten, kann manchmal ganz unterschiedlich sein zu dem, was einen Mitarbeiter an einem kleinen, sehr speziellen Projekt/Arbeitspaket reizt. Aber wie wichtig ist heute der Teamgedanke letztlich für den Projekterfolg?

Team ist kein Selbstzweck
Die Frage klingt zunächst provokant: Ist es ok, wenn jemand seine Leistung bringt, selbst wenn er sich offenbar nicht mit dem Projektteam identifiziert? Ehrlicherweise müsste der Projektleiter sagen: „Wenn die Leistung stimmt, warum nicht?“ Sich als Teil eines Teams zu verstehen und sich zu einer Aufgabe zu motivieren, werden die meisten zwar als notwendige Voraussetzungen für die Leistungserbringung im Projekt ansehen. Wenn aber die notwendige Leistung erbracht wird und nur der Teamspirit fehlt – was wäre daran falsch?  

Heterogene Arbeitswelten – heterogene Teamregeln
Wer als Experte wochen- oder manchmal auch nur tageweise in verschiedenen Projektgruppen mitarbeitet, wird merken, dass in den verschiedenen Projektgruppen ganz unterschiedliche Stile und Regeln in der Zusammenarbeit gepflegt werden. Was in einem Projektteam richtig und gern gesehen ist, kann im nächsten Team schon wieder unerwünscht sein – erst recht, wenn es sich um ein Projektteam in einer anderen Kultur handelt. Die Arbeitswelt ist heute zu heterogen und vielschichtig, als dass man eine verbindliche Liste von Teamregeln anlegen könnte. 

Überschätzter Persönlichkeitsfaktor „Teamfähigkeit“
Wie wichtig ist aber das richtige Projektteam für den Projekterfolg? Wie wichtig sind Motivation, Teamfähigkeit und Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen? Viele sehen hierin zumindest einen Schlüssel zum Projekterfolg. „Die richtigen Leute für die jeweilige Aufgabe zu finden“ nennt man das. Auch die Frage nach dem richtigen Projektleiter zielt in die gleiche Richtung: Wer hat die richtige Persönlichkeit? Aber dies scheint eben nur ein Teil der Wahrheit zu sein. Überträgt man die Erkenntnisse der Sozialpsychologie seit den 60er Jahren auf den Projektkontext, muss man zugeben, dass das Verhalten von Personen in viel stärkerem Maße von externen und situativen Einflüssen abhängig ist als von Charakterstärke, Integrität oder Persönlichkeit, als es manche wahrhaben wollen. 

Teamentwicklung heute
Wer heute auf der Suche ist nach dem idealen Projektteam mit den idealen Teamplayern und dem idealen Projektleiter, wird enttäuscht werden. Die alten Eigenschaftskataloge sind gänzlich veraltet und unpassend geworden. Ein gutes Team entwickelt sich in einem bestimmten Kontext. Ein gutes Team reflektiert kritisch diese Faktoren, passt sich ideal an die gegebenen Rahmenbedingungen an und weiß, diese Rahmenbedingung richtig für den Projekterfolg zu nutzen.  

Professionelles Teamverhalten
Ein gutes Team wird nicht durch einzelne Individuen geprägt, sondern durch gemeinsame Absprachen, wie man sich in bestimmten Situationen verhält. Ein Projektleiter meinte einmal: „Wir haben uns einen Konsens zu verschiedenen Themen erarbeitet. Außerdem haben wir tägliche Mini-Meetings von maximal 30 Minuten etabliert, zu denen man sich auch per Telefon einwählen kann. Darüber steht unsere Teamregel »wir arbeiten einander zu und kommunizieren vorausschauend«.“

Das ist vielleicht das Wichtigste: Teamregeln kann man nicht vorgeben – sie müssen konkret auf die Projektaufgabe, die Situation und die Bedingungen hin formuliert werden. Deswegen gilt: Regeln sind das Spiegelbild der konkreten Situation.

Fazit
Das perfekte Team aus dem Katalog gibt es nicht – es muss erst entstehen und sich formen. Wichtig ist, auf die jeweiligen Situationen und Bedingungen richtig zu reagieren und sich daran anzupassen. Der Frühling zeigt es: Die im vergangenen Jahr gepflanzten Blumen zeigen ihre Schönheit nicht sofort in voller Pracht. Durch die richtigen Rahmenbedingungen, wie Wärme und Nährstoffe, wachsen sie und passen sich dabei an die vorherrschenden Verhältnisse an. Sie richten ihre Blüten dorthin, wo sie am meisten Sonneneinstrahlung empfangen. Ein guter Teamleiter sorgt – falls nötig – für eine ausreichende Bewässerung und beseitigt Unkraut in Form von Problemen. Dann steht einer florierenden Projektarbeit nichts im Wege!